Der Erfolg der Energiewende ist auch davon abhängig, wie gut es gelingt die vorherrschenden Narrative zu beeinflussen. Dabei gibt es sowohl negative als auch positive Narrative. Manche davon stehen sich diametral entgegen. Da vielen Narrativen, sowohl positiven als auch negativen eigen ist, dass sie auf falschem und auch richtigem Wissen beruhen, sind sie immer auch mit Emotionen verknüpft.
Und weil Emotionen im Spiel sind, lassen sich Narrative nicht immer nur mit guten Fakten beweisen oder auflösen. Es ist daher wichtig, bei jeder Debatte um Narrative, diese nicht nur zu kennen und eine geeignete Strategie für den Umgang damit zu haben, sondern zu berücksichtigen, dass es Menschen sind, die reagieren und nicht das Narrativ selbst.
Was sind eigentlich Narrative?
Narrative sind im Allgemeinen Geschichten oder Erzählungen, die eine Abfolge von Ereignissen, Handlungen oder Erfahrungen darstellen. Sie dienen dazu, Informationen, Emotionen, Ideen oder Botschaften zu vermitteln und sind ein grundlegender Bestandteil der menschlichen Kommunikation und Kultur.
Charaktere: Narrativen beinhalten typischerweise Charaktere, die Handlungen ausführen und in die Geschichte involviert sind. Diese Charaktere können real oder fiktiv sein.
Handlung: Die Handlung ist die Abfolge von Ereignissen oder Aktionen, die in der Erzählung geschehen. Sie folgt einem bestimmten Verlauf, der eine Entwicklung oder Veränderung darstellen kann.
Konflikt: Ein Konflikt ist ein zentraler Aspekt einer Erzählung. Es kann sich um einen Konflikt zwischen Charakteren, Ideen oder inneren Konflikte handeln, die die Handlung antreiben und lösen.
Struktur: Narrative haben eine bestimmte Struktur, die aus einem Anfang, einem Mittelteil und einem Ende besteht. Diese Struktur ermöglicht es, die Geschichte auf eine sinnvolle Weise zu präsentieren.
Thema: Ein Thema ist eine zentrale Botschaft, ein Motiv oder eine Idee, die in der Geschichte vermittelt wird. Es kann sozial, moralisch oder emotional sein und trägt zur Bedeutung der Geschichte bei.
Erzählperspektive: Die Erzählperspektive gibt an, aus welcher Sicht die Geschichte erzählt wird. Sie kann aus der Sicht eines Ich-Erzählers, eines personalen Erzählers oder eines allwissenden Erzählers erfolgen.
Narrative können in verschiedenen Formen auftreten, wie zum Beispiel Romane, Kurzgeschichten, Gedichte, Theaterstücke, Filme, Märchen, Legenden, historische Berichte und persönliche Erfahrungen. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Kultur, da sie helfen, Erfahrungen zu teilen, Wissen zu übermitteln, Identitäten zu formen und Verbindungen zwischen Menschen herzustellen.
Welche Narrative gibt es in der Energiewende?
Im Wesentlichen existieren rund zehn Narrative in der Energiewende. Diese wurden mittlerweile in Studien identifiziert und belegt. Nichtsdestotrotz sind sie immer auch einem Wandel unterworfen. Im Folgenden werden die negativen Narrative weiter beleuchtet.
Disclose | Der Zweck der Energiewende wird in Frage gestellt. Sie diene eigentlich anderen Interessen. Oder aber Personen, die politische Forderungen stellen, halten sich selbst nicht an diese. |
Atomkraft | Bestimmte Narrative werden hervorgehoben, andere dafür weggelassen. Während die klimafreundliche Atomkraft besprochen wird, wird die Endlagerfrage ausgeklammert. Neue technologische Ansätze werden als positiv bewertet, ohne den Entwicklungsstand zu kennen (z. B. Kernfusion). |
Heimat | Die Klimakrise wird nicht als globales Phänomen gesehen, dass hier vor Ort nicht relevant sei. Die Energiewende wird als Angriff gesehen, dass die Heimat zerstört werden solle. Die Nation werde zersetzt. |
Expertokratie | Alltagsempirie wird über wissenschaftliches Arbeiten gestellt. Die eigenen Quellen (oft das Internet) werden als überlegen, frei und unabhängig angesehen, während öffentlich-rechtliche Medien und Universitäten als staatlich gelenkt und oftmals links-grün angesehen werden und damit keine glaubwürdigen Quellen seien. |
Umweltschutz | Zentral ist Umwelt versus Klima. Energiewende - insbesondere Windenergie - wird als Vernichtungsmaschine für ganze Arten metaphorisiert. Auch spielt der Wald eine entscheidende Rolle, da dieser durch die Anlagen gefährdet werde. |
Stadt-Land-Nexus | Es gebe einen unüberbrückbaren Unterschied zwischen Menschen aus dem ländlichen Raum und aus urbanen Zentren, wobei die Menschen auf dem Land positiver dargestellt werden als Städter:innen. |
Unrentabilität | Deutschland wird als ökonomischer Verlierer durch negative konnotierte Import- und Exporterzählungen dargestellt. Hinzu kommt Steuerverschwendung, Subventionen und eine drohende Energiearmut. |
Versorgungsunsicherheit | Es wird eine angebliche Versorgungslücke in Deutschland argumentiert. So wird beispielsweise von einem drohenden Blackout gewarnt. |
Verbrechen | Ohne einen Gesetzesverstoß nachweisen zu können, wird das Geschäftsfeld der Energiewende kriminalisiert. Dabei reichen die Bezeichnungen von Verbrechen bis hin zu mafiösen Strukturen. |
Lärm | Obwohl nichts zu hören ist, wird der Schall als hörbar thematisiert. |
Wie kann man diesen Narrativen begegnen?
Es gibt nicht die eine entscheidende Strategie, sondern es sind immer mehrere möglich. In der folgenden Übersicht finden sich aber Vorschläge, wie man damit exemplarisch umgehen kann.
Narrativ | Konfliktlage | Vorgehensweise |
Disclose | Es geht nicht um die Energiewende. Man muss einer (übertriebenen) Moralvorstellung genügen. | Argument aufnehmen, von der Person lösen und auf die Sachebene ziehen. |
Atomkraft | Vermeidung von Veränderungen. Das bewahren, was schon da ist. | Andere Beispiele für positive Veränderungen ins Feld führen (beispielsweise Arbeits-zeitbegrenzungen). |
Heimat | Politisches Konfliktpotenzial, zumeist starke Ablehnung der Grünen. | Abbruch der Diskussion und Hinwenden zum Publikum, da die Gefahr besteht, selbst als Teil der Gruppe angesehen zu werden oder als naiv zu gelten. |
Expertokratie | Entwicklung einer Defensivhaltung. | Wissenschaftlicher Konsens bedeutet, dass die qualitativ hochwertige Methode zu den gleichen Ergebnissen kommt. |
Umweltschutz | Bewahrung der Natur vor Ort vor jeder technischen Veränderung. | Auflösen der Dichotomie. Es gibt nicht nur Entweder-Oder, sondern auch ein Sowohl-Als-Auch. |
Stadt-Land-Nexus | Gerechtigkeitsempfinden ist angesprochen. | Wieso-Fragen stellen. Oder: Anreichern der Debatte um andere Gerechtigkeitsaspekte, die das Gegenteil beweisen. |
Unrentabilität | Der Markt müsse es regeln, daher Marktgläubigkeit. | Aufzeigen von Dysfunktionalitäten im Marktgeschehen. |
Versorgungssicherheit | Risikokonflikt und Angstmacherei. | Aufzeigen, dass nicht nur eine Ursache besteht, sondern warum hier mehrere Aspekte berücksichtigt werden müssen. |
Verbrechen | Selbst-Viktimisierung in einer Opferrolle. | Adressieren von Widersprüchen, mit Gründen, warum die Täterschaft nicht stimmen kann. |
Lärm | Elitenablehnung als Treiber des Konflikts. | Anekdotische Evidenz durch wissenschaftliche Evidenz auflösen. Zuerkennen eines subjektiven Empfindens. |
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