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Koalitionsvertrag 2025: Was sich für die Energiewende vor Ort wirklich ändert


Die neue Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD hat sich viel vorgenommen: Der Koalitionsvertrag 2025 verspricht einen „Turbo für die Energiewende“ – schnellere Verfahren, bessere Beteiligung, mehr Investitionen. Doch was bedeutet das konkret für die Umsetzung vor Ort? Für Kommunen, Projektentwickler und Bürgerenergieinitiativen? Eine kritische Einordnung.


1. Schnellere Verfahren – mit Fragezeichen


Planungs- und Genehmigungsprozesse sollen beschleunigt werden – durch digitale Verfahren, Zustimmungsfiktionen und reduzierte Prüfauflagen. Das klingt vielversprechend. Doch zugleich bleibt unklar, wie die ohnehin überlasteten Genehmigungsbehörden diese Verfahren stemmen sollen. Ohne massiven Personalaufbau und echte Entlastung droht hier ein klassisches Umsetzungsproblem.


Fazit: Tempo ja – aber nicht zum Nulltarif. Die Kommunen brauchen Unterstützung, nicht nur Vorgaben.


2. Kommunale Mitwirkung – anerkannt, aber unkonkret


Der Koalitionsvertrag erkennt die Bedeutung der kommunalen Ebene ausdrücklich an: Die Beteiligung an Windkraftplanung, Wärmeplanung und Infrastrukturprojekten soll gestärkt werden. Doch wie genau – das bleibt schwammig. Weder bei der personellen Ausstattung noch bei der finanziellen Teilhabe an Projekten werden klare Zusagen gemacht.


Fazit: Kommunen werden gebraucht, aber nicht ausreichend befähigt.


3. Bürgerenergie und Akzeptanz – gute Ansätze, viele Hürden


Energy Sharing, lokale Stromlieferung und steuerliche Entlastungen sollen Bürgerenergie attraktiver machen. Das ist sinnvoll – besonders in Regionen, in denen die Akzeptanz bröckelt. Doch ohne eine Reform des EEG, einfache Regelwerke und Unterstützung bei der Gründung von Genossenschaften werden viele dieser Ideen auf halber Strecke stehen bleiben.


Fazit: Die Richtung stimmt – aber ohne konkrete Instrumente droht die Wirkung zu verpuffen.


4. Flächenkonkurrenz und Windkraft – Konflikte vorprogrammiert


Beim Windkraftausbau bleibt es bei den Flächenzielen. Zusätzlich sollen auch Schwachwindstandorte verstärkt genutzt werden, gleichzeitig ist eine Begrenzung von Pachtzahlungen geplant. Das bringt neue Zielkonflikte: zwischen Flächeneffizienz und Wirtschaftlichkeit, zwischen Naturschutz und Ausbauzielen.


Fazit: Ohne kluge regionale Ausdifferenzierung droht mehr Streit als Fortschritt.


5. Solarenergie – viel Potenzial, viele Fragezeichen


Die Solarenergie soll wachsen – auf Dächern, Feldern, Seen. Dazu soll es bessere digitale Verfahren und neue Nutzungsoptionen geben (Agri-PV, Floating-PV). Doch gerade innovative Solarprojekte stoßen oft auf planerische Unsicherheiten und Widerstände vor Ort.


Fazit: Gute Chancen, aber es braucht klare Regeln, um Innovationsprojekte nicht zu blockieren.


6. Finanzierung und Netze – große Pläne, wenig Klarheit


Ein staatlicher Investitionsfonds soll Netze und Infrastruktur finanzieren. Auch kommunale Unternehmen sollen davon profitieren. Aber: Wer bekommt wie Zugang zu diesen Mitteln? Und was bedeutet das für bestehende Geschäftsmodelle, etwa bei Netzbetreibern mit hohen lokalen Netzentgelten?


Fazit: Ohne klare Förderkriterien bleibt der Fonds ein Versprechen ohne Wirkung.


Am Ende bleibt: Viel Impuls, wenig Substanz


Der Koalitionsvertrag 2025 setzt richtige Akzente: schnellere Verfahren, lokale Beteiligung, mehr Bürgerenergie. Doch an vielen Stellen fehlen die Instrumente, mit denen diese Ziele vor Ort Realität werden. Die Kommunen stehen im Zentrum der Energiewende – aber sie brauchen Ressourcen, Planungssicherheit und echte Handlungsspielräume.


Wer die Akzeptanz der Energiewende stärken will, muss die lokale Ebene stärken. Alles andere ist gut gemeint – aber nicht gut gemacht.

 
 
 

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