Infomärkte sind ein etabliertes und eingeführtes Format, um Energiewendeprojekte vorzustellen. Nach Themen aufgeteilt können sich die Teilnehmer:innen informieren und ihre Anliegen adressieren. An jedem Thementisch findet sich ein:e Moderator:in, die die Aspekte aufnimmt, sortiert und daraus ein Bild entstehen lässt, mit dem dann der Projektierer weiterarbeiten kann. Meistens wird auch vereinbart, wie der weitere Kommunikationsweg aussieht, also, wie die Teilnehmer:innen über den Fortgang der Arbeit an den Themen informiert werden. Themen, die häufig eine Rolle spielen sind: finanzielle Beteiligung, Naturschutz/Artenschutz, Lärm, Landschaftsbild, Technik oder auch Steuereinnahmen.
Infomärkte werden deswegen gerne gewählt, weil die Kritiker:innen von Projekten gleich zu den richtigen Themen gelenkt werden und ihnen kein Auditorium zur Verfügung steht, um Stimmung zu machen. Durch die konstruktive Moderation an den einzelnen Thementischen mit einem Fokus auf die Bestandsaufnahme von Kritikpunkten werden die Teilnehmer:innen gelenkt und können ihre Punkte adressieren und diskutieren, ohne dass es zu einer konfrontativen Haltung kommt.
Infomärkte sind personenintensive Formate und man muss alle Kolleg:innen an einem Ort versammeln. Die Teilnehmer:innen-Zahl ist dagegen oft bei 30-40 Personen angesiedelt, da es eben auch immer einen gewissen Aufwand bedeutet, sich abends nochmal auf den Weg zu machen. Eigentlich mobilisiert das auch nur diejenigen, die sowieso gerne was sagen wollen. Wer einfach nur informiert werden will, der kommt eher nicht.
Man kann einen Infomarkt jedoch auch digital abhalten. Dazu braucht es an und für sich nicht viel, vielleicht eine einigermaßen gute Internetverbindung - daran scheitert es in Deutschland doch immer noch sehr stark, gerade im ländlichen Raum, dort, wo auch Energiewende stattfindet.
Digitale Infomärkte haben gegenüber analogen Infomärkten große Vorteile:
Es werden durch einen digitalen Infomarkt viel mehr Menschen erreicht. Denn man kann an dem Infomarkt auch teilnehmen, wenn man zuhause seine Kinder betreuen muss und niemand hat, der die Kinder in der Zeit der Teilnahme im Auge hat. Man kann nebenbei schon das Abendessen zubereiten. Einfach auf dem Sofa liegen. Oder auch noch den Arbeitstag nebenbei ausklingen lassen. Klar, manche Punkte erfordern die Aufmerksamkeit, aber es werden grundsätzlich viel mehr Menschen zur Teilnahme eingeladen, weil man es leichter einrichten kann.
Auch die beteiligten Kolleg:innen müssen nicht alle vor Ort sein. Egal ob aus dem Büro oder vom Homeoffice aus kann der digitale Infomarkt ortsunabhängig durchgeführt werden. Durch die wegfallende Reise kommen die Kolleg:innen danach auch einfach nach Hause. Das spart neben Zeit auch nicht unerhebliche Kosten. Allerdings sollte man einen hohen Anspruch an die eigene Darstellung setzen, also eine gute Ausleuchtung der Gesichter, gutes Kamerabild und eine gute Tonqualität sowie ein ansprechender Hintergrund.
Digitale Infomärkte erzwingen schon durch die technischen Rahmenbedingungen einen stärkeren Fokus und sind damit noch sachlicher als analoge Infomärkte.
Durch digitale Werkzeuge können alle Teilnehmer:innen gleichzeitig adressiert werden. Die schweigende Mehrheit kann so sehr schnell sehr deutlich zu tage treten und die notwendige Akzeptanz für das Projekt erreichen. Hier ist unbedingt darauf zu achten, dass alle eingesetzten Werkzeuge den europäischen Datenschutzstandards genügen. Denn wer sich einmal berechtigter Kritik ausgesetzt sieht, der hat es ab diesem Zeitpunkt ziemlich schwer.
Digitale Infomärkte können einen stärkeren Gamification-Ansatz verfolgen. Sie dürfen und sollen verspielter sein als analoge Infomärkte. Die Personen sind inaktiver im digitalen Infomarkt, daher sollte der Entertainment-Wert höher eingestuft werden. Hier muss allerdings das richtige Maß gefunden werden.
Digitale Infomärkte haben aber auch Nachteile:
Da man nicht vor Ort ist, kann es so wirken als wären einem die Leute vor Ort egal. Diesem Eindruck kann man entgegen wirken, indem man einen zweiten Vor-Ort-Termin anbietet, der dann beispielsweise eine Begehung sein kann. Dieser Termin kann mit weniger Personal umgesetzt werden.
Bei analogen Infomärkten gibt es etwas zu essen und zu trinken, beim digitalen gibt es das nicht. Diese kleine Geste des Entgegenkommens muss anders aufgewogen werden, z. B. über das Teilen von exklusiven Inhalten, eine sehr gute Ortskenntnis und im besten Fall, dass man zumindest eine:n Kolleg:in dabei hat, der:die den gleichen Dialekt spricht.
Digitale Infomärkte erfordern eine analytische Vorbereitung, da man die Konfliktlage nicht im Raum spüren kann. Das muss eingeplant werden.
Wer keine gute Show liefert hat eher verloren, weil jeder Fehler sichtbarer wird. Es menschelt weniger. Daher ist eine gute Moderation das A und O, um den Teilnehmer:innen die Wertigkeit der Veranstaltung klar zu machen. Dazu sollte auf jeden Fall auch neutral moderiert werden. Also besser eine Moderation beauftragen als selbst durchführen.
Digitale Infomärkte ersetzen nicht komplett eine Anreise vor Ort. Die Wirkung der Präsenz vor Ort sollte bei allen Vorteilen von digitalen Infomärkten nicht unterschätzt werden.
Klar ist, dass jedes Instrument Vor- und Nachteile hat. Den einen richtigen Weg gibt es nicht. Daher sollte jeder Akzeptanzarbeit auch immer eine gute strategische Analyse vorausgehen, die darin besteht mit einzelnen Akteuren direkt ins Gespräch zu kommen und so auszuloten, wie die Stimmung vor Ort ist und dann ist zu entscheiden, wie man diese Stimmungslage für das Projekt furchtbar machen kann.
Wenn Sie Interesse an einem kollegialen Austausch zum Thema "digitale Infomärkte" haben, dann melden Sie sich gerne bei mir.
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